Wie baue ich einen guten Sokoban-Level?

Sokoban-Level-Design von GAMES 4 BRAINS

1. Voraussetzungen für das Entwerfen von Sokoban-Levels

Jeder, der das Spielprinzip begriffen hat, ist grundsätzlich in der Lage, Sokoban-Levels zu erstellen. Anspruch und Schwierigkeit der Eigenbauten werden im Wesentlichen von drei Faktoren geprägt:
  • Erfahrung beim Lösen von Levels
  • Originalität und Schwierigkeit der bisher gelösten Levels
  • Qualität der Testpersonen.
Das heißt: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich jemand, der gerade einmal drei leichte Sokoban Levels gelöst hat, ganz plötzlich mit den originellsten und schwierigsten eigenen Werken in Szene setzt. Mit anderen Worten: "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen."

Gute Arbeit gelingt nur mit einem vernünftigen Editor (Sokoban Baukasten).
Ein brauchbarer Editor sollte Folgendes beinhalten bzw. ermöglichen:
  • Komfortables Abspeichern und Laden einzelner Levelentwürfe
  • Übersicht über die gespeicherten Werke
  • Intuitiv und einfach zu bedienen, z.B. schnelles Löschen fehlerhaft platzierter Elemente
  • Markieren und Umlegen von Teilbereichen (Cut & Paste)
  • eingebauter Testmodus bzw. sehr enge Anbindung an den Spielmodus
  • Plausibilitätsüberprüfung (Stimmen Anzahl der Boxen und Zielfelder überein?)
  • Name des Levels und des Autors ggf. auch Kommentare lassen sich hinzufügen.
  • Lösungen lassen sich in verschiedenen Geschwindigkeiten anschauen.

SokofunPro - EditorDer Editor von SOKOFUN Pro (Abb. links) lässt kaum Wünsche offen.

2. Strategien bzw. Gestaltungsmethoden

Aus meiner Sicht empfiehlt es sich beim Bau von Sokoban-Levels unterschiedliche Methoden zum Einsatz zu bringen. Vermeiden Sie also "Schema F"! Andernfalls besteht die Gefahr, dass alle Schiebeaufgaben ziemlich ähnlich aussehen und so ihren Reiz verlieren.
Anfangs ist es sehr hilfreich, wenn man einen erfahrenen Sokoban-Spieler als Tester zur Seite hat, der mit seiner Meinung nicht zurück hält. Später ist ein komfortabler "Movie"-Modus geeignet, Schwachstellen ohne externe Hilfe aufzuspüren.

Nachfolgend habe ich einige Strategien aufgelistet, die sich im Lauf der Jahre als erfolgreich erwiesen haben:

Für den Anfänger empfiehlt sich zunächst einmal die Methode "Versuch und Irrtum":
Als Erstes definiert man einen Zielbereich, anschließend verteilt man die Schiebeobjekte frei unter, neben oder um den Zielbereich herum. Das Ganze wird nun eingemauert und ein erstes Mal getestet. Es wird sich dann schnell herausstellen, ob es überhaupt funktioniert. Erste Änderungen stellen sicher, dass der Entwurf lösbar ist. Es folgt die Phase der Verfeinerung, bzw. der Verdichtung. Die Räume werden kleiner gemacht, Spielsteine werden zusammengerückt, die Startkonstellation wird verkompliziert. Der stetige Wechsel Verfeinern, Testen, Verfeinern ist zwar langwierig, führt aber in der Regel zu erwünschten Ergebnissen.
Hohen Spielreiz erreicht man, wenn es gelingt eine unlösbar erscheinende Startaufstellung auszutüfteln (Methode "Startaufstellung").

The Worm (c) by Mic"The Worm" (Abb. rechts) ist ein Beipiel für stark verdichtetes Leveldesign mit drei wechselnden Schleifen und interessanter Startaufstellung. Nachteil: Es handelt sich um einen sogenannten "Einbahnstraßenlevel", d.h. man kommt fast automatisch zur richtigen Lösung.

Erfahrenere Level-Designer benutzen gerne die Methode "Zielbereich" :
Zunächst werden die Zielfelder festgelegt, und zwar so, dass sie nur in einer ganz bestimmten Reihenfolge belegt werden können. Anschließend platziert man die Schiebeobjekte so, dass nur über Umwege und größere Aktionen die Einlaufformation erreicht wird.
Hier hilft z.B. die Methode "wechselnde Schleifen":
Dazu müssen die Boxen und Mauern so angeordnet werden, dass durch Öffnen und Schließen von Durchgängen (Falltüren und Schiebetüren) unterschiedliche Schleifen entstehen, die jeweils Teilfortschritte ermöglichen. Diese Methode ist besonders geeignet, wenn man lange Lösungswege im Sinn hat.

Micrace (c) by Mic"Micrace" demonstriert den Einsatz von Falltüren (trapdoors) und Schiebetüren (sliding doors).

Auch die Methode "Abstellplatz" wird gerne benutzt. Bestimmte Stellen, meistens in der Nähe der Zielfelder werden von Beginn an als Abstellplätze eingeplant, wo schon vorzeitig Boxen "geparkt" werden müssen, damit zum Schluss alle Zielpositionen belegt werden können.

Hervorragend geeignete Möglichkeiten, den Spielreiz zu verstärken sind die sogenannten "Fallensteller"-Methoden:
Eher einfach zu durchschauen ist das Mittel, den Spieler durch entsprechende Anordnung der Boxen dazu zu verleiten einen "naheliegenden" Spielzug vorzunehmen, der aber letztendlich die Komplettlösung verhindert. Es erfordert natürlich einiges Geschick, eine solche Konstellation zu entwerfen. Wichtig ist, dass die Falle nicht zu offensichtlich ist. Letzteres ist leider meistens beim Einsatz der "zuviel Platz"-Methode der Fall: Hier wird dem Spieler Rangierplatz angeboten, den er besser nicht nutzen sollte.
Eine ziemlich gemeine, aber wirkungsvolle Herangehensweise ist die "Dummy-Methode": Diese Strategie ist nur wirkungsvoll, wenn sie sehr selten und nach einigen Fallen-Levels eingesetzt wird. Die "Dummy-Methode" spekuliert darauf, dass der Spieler eine einfache Lösung verschmäht. Aber genau diese führt zum Ziel. Das kann z.B. bedeuten, dass ein bestimmter Spielstein wider Erwarten direkt ins Ziel geschoben werden darf.

Triumvirat (c) by MicDer Reiz von "Triumvirat" SOKOGOLD #12 (Abb. rechts) liegt vor allem in der Tatsache, dass die Lösung dieses Levels einfacher erscheint, als sie es ist.

3. Weitere Hinweise

Eigener Stil

Jeder Leveldesigner entwickelt in der Regel nach und nach seinen eigenen Stil. Bestimmte Gestaltungsmomente werden bevorzugt eingesetzt, andere nur selten oder überhaupt nicht. Das ist auch ok so! Nicht so gut finde ich es, wenn es bei der Gestaltung allzu einseitig zugeht. Symmetrische Designs sehen sicher toll aus. Wenn sie gehäuft auftreten, werden sie aber von den meisten Spielern mit nachlassender Begeisterung aufgenommen. Sicher ist das Erscheinungsbild einer Sokoban-Aufgabe von Bedeutung. Von der Ästhetik geht aber erfahrungsgemäß nur ein geringer Spielreiz aus. Fazit: "Nicht in Schönheit sterben!"

Mostly Crop (c) by MicBei "Mostly Crop" SOKOLOVE #90 (Abb. rechts) wurde zuerst der Zielbereich entworfen. Die Verfeinerung hat viele Stunden in Anspruch genommen.


Schwierigkeitsfaktor

Bei der Bewertung eines Sokoban Levels spielt das subjektive Empfinden der Schwierigkeit sicher die größte Rolle. Die Einschätzung der Schwierigkeit ist natürlich in hohem Maße abhängig von der Erfahrung und Spielstärke des jeweiligen Testers. Um eine gewisse Vergleichbarkeit herstellen zu können, habe ich schon 1995 den sogenannten Schwierigkeitsfaktor ins Spiel gebracht. Die Levels werden vom Tester auf einer Skala von 1 (= sehr einfach) bis 10 (=superschwierig) eingeordnet. Die Bewertungen können helfen, bei der Zusammenstellung eines Levelsets ein Schwierigkeitsgefälle herzustellen. Denkbar ist auch, das "difficulty rating" als zusätzlichen Spielanreiz in die Levelinformation zu integrieren.
Hinweis: Um einen halbwegs brauchbaren Schwierigkeitsfaktor ermitteln zu können, sollten immer mehrere Tester zu Rate gezogen werden!

SOKOBLUE #60 (c) by MicZu viele Levels der Sorte "SOKOBLUE #60" (Abb. links) zeigen: Symmetrie kann langweilig werden. Weiterer Nachteil: Die Lösung solcher Schiebeaufgaben ist kaum noch planbar.



Spaßfaktor

Ob eine Schiebeaufgabe etwas wert ist oder nicht, entscheidet sich aber nicht allein über den Schwierigkeitsfaktor. Wichtiger erscheint mir, ob es dem Tester/Spieler Spaß gemacht hat, die Lösung des Levels herauszufinden.

Folgende Faktoren können bei der Ermittlung des Spaßfaktors eine Rolle spielen:

- Verspricht der erste Eindruck einen hohen Spielreiz?
- Ist die Anzahl der Hürden überschaubar, bzw. ist eine Lösung planbar?
- Welche Hürden müssen im Verlauf des Spiels überwunden werden?
- Tauchen unerwartete Schwierigkeiten auf?
- Sind die Probleme durch logisches Denken zu bewältigen, oder bin ich darauf angewiesen, dass mir der Zufall zur Seite steht ("Frustpotential")?
- Hält die Spannung im Spielverlauf an, oder lässt sie stark nach?
- Sind die zu lösenden Probleme neu oder hinlänglich bekannt?
- Macht auch die zweite oder dritte Lösung der Schiebeaufgabe noch Spaß?

Der Spaßfaktor lässt sich leicht mit den aus Warentests bekannten Symbolen (++,+,o,-,--) darstellen:

++ = hoher Spielreiz, originelle Idee, nicht zu einfach
+  = großer Spaß, aber nichts Neues, ggf. hübsches Design
o  = nicht gerade innovativ, ohne besonderen Denkaufwand lösbar
-  = Lösung vorhersehbar, "Einbahnstraße", Arbeitslevel ohne Kick
-- = übler Routinekram, kein Gag in Sicht, langweilig

------- Mic © 2005 -------


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